Musiktheorie Der Sackpfeyffer zu Linden

0. Inhaltsverzeichnis 
1. Begriffserläuterungen 
1.1. Cent 
1.2. Schallintensität 
1.3. Fuß 
1.4. Konsonanz und Dissonanz 
2. Partialtöne und Klang 
2.1. Physikalische Betrachtung 
2.2. Besonderheiten beim 9. und 15. Partialton 
2.3. Hörphysiologische Betrachtung 
3. relative Stimmung 
3.1. Stimmungen, bei denen die Oktave in 12 Töne aufgeteilt wird 
3.1.1. reine Stimmung 
3.1.2. obertonreine Stimmung 
3.1.3. quintenreine Stimmung 
3.1.4. terzenreine Stimmung 
3.1.5. ungleichschwebend temperierte Stimmungen 
3.1.6. gleichschwebend temperierte Stimmung 
3.2. Stimmungen, bei denen die Oktave nicht in 12 Töne aufgeteilt wird 
3.2.1. pentatonische Stimmungen 
3.2.2. heptatonische Stimmungen 
3.2.3. indische Stimmung 
3.2.4 gleichschwebend temperierte Vierteltonstimmung 
3.3. Stimmungen, bei denen nicht die Oktave aufgeteilt wird 
4. absolute Stimmung 
5. Tonsysteme, bei denen die Oktave in 12 Töne aufgeteilt wird 
5.1. Das modale System 
5.2. Das tonale System 
5.2. Das Zwölftonsystem 
6. Bordunmusik 
6.1. Die Bedeutungen des Begriffs "Bordun" 
6.2. Borduninstrumente 
6.3. Gebrauch des Borduns 

Hinweis: Zur Darstellung von Tönen unabhängig von ihrer Oktavlage werden Kleinbuchstaben ohne Index oder Hochzahl verwendet! Großbuchstaben mit oder ohne Index und Kleinbuchstaben mit Hochzahl bezeichnen immer den Ton in der entsprechenden Oktave (X,x = Ton). Die alternativen Darstellungen werden hier nicht verwendet.

Ton Oktave alternative Darstellungen
X₃  Subsubkontraoktave ¹ ³ XXXX  X-1 oder x-1 
X₂  Subkontraoktave   XXX X0 oder x0
X₁  Kontraoktave X XX X1 oder x1
X große Oktave X X X2 oder x2
x⁰  kleine Oktave x x X3 oder x3
  eingestrichene Oktave x′ x1 X4 oder x4
  zweigestrichene Oktave x′′ x2 X5 oder x5
  dreigestrichene Oktave x′′′ x3 X6 oder x6
x⁴  viergestrichene Oktave x′′′′ x4 X7 oder x7
x⁵  fünfgestrichene Oktave x′′′′′ x5 X8 oder x8
x⁶  sechsgestrichene Oktave x′′′′′′ x6 X9 oder x9
x⁷  siebengestrichene Oktave ² x′′′′′′′ x7 X10 oder x10


¹ Vereinzelt werden die beiden höchsten Töne gerade noch gehört (B₃ sehr selten, H₃ gelegentlich), der Rest liegt im nicht mehr hörbaren Infraschallbereich.
² In der siebengestrichenen Oktave beginnt der nicht mehr hörbare Ultraschallbereich.
³ Diese traditionelle Darstellung wird ab der viergestrichenen Oktave unübersichtlich. In HTML 4.0 können die Subsubkontraoktave (dreifach unterstrichen) und die Subkontraoktave (doppelt unterstrichen) nicht mehr dargestellt werden. Während die Subkontraoktave noch in Textsatzprogrammen darstellbar ist, kann die Subsubkontraoktave nur mit Grafikelementen dargestellt werden.
Diese Darstellung kann in ASCII-Text (z. B. Emails) angezeigt werden und eignet sich auch für die Darstellung in 5×7-Punktmatrixdisplays.
Diese Darstellung kann in ASCII-Text (z. B. Emails) angezeigt werden und eignet sich auch für die Darstellung in 5×7-Punktmatrixdisplays. Außerdem ist sie gut für maschinenlesbaren Code geeignet, da sie mit drei 8-Bit-Variablen, je eine für die Tonbezeichnung, die Alteration (inkl. doppelter Alteration und Viertelton- und Dreivierteltonalteration) und die Oktavlage, realisiert werden kann. Um Töne unterhalb der Subkontraoktave zu erfassen, muss die Variable für die Oktavlage vorzeichenbehaftet sein. Der darstellbare Tonraum umfasst 256 Oktaven. Codiert ist auch die Erfassung in einer 16-Bit-Variablen oder zwei 8-Bit-Variablen möglich. Mit auf 16 Oktaven reduziertem und somit immer noch völlig ausreichendem Tonraum und einfacher erhöhender Alteration ("Kreuz") ist kodiert sogar die Darstellung mit nur einer 8-Bit-Variablen (4 Bit für die Oktavlage, 3 Bit für den Ton innerhalb der Oktave, 1 Bit für die Alteration) möglich.


Verwendet werden die im deutschsprachigen Raum üblichen Tonbezeichnungen b und h. Die im englischen Sprachraum üblichen Bezeichnungen "b flat" oder "b♭" für b und "b" für h werden hier nicht verwendet.

1. Begriffserläuterungen

1.1. Cent

Das Cent ist ein frequenzunabhängiges Maß für Intervalle. Ein Intervall ist der relative Abstand f₁/f₂ zwischen zwei Tönen mit den Frequenzen f₁ und f₂. Der Abstand zwischen zwei konkreten Tönen wird durch deren Frequenzen bestimmt. Im Zusammenhang mit Stimmungssystemen wird jedoch eine einfach zu handhabende Angabe des relativen Abstands zwischen den Tönen, der in dem jeweiligen Stimmungssytem unabhängig von der Oktavlage (und damit der Frequenzen) der Töne ist, benötigt. Die direkte Angabe der Intervalle ist im Allgemeinen zu unhandlich, da neben gebrochen rationalen Zahlen auch irrationale Zahlen auftreten. Der Abstand zwischen zwei Tönen in Cent wird wie folgt berechnet:

d=(1200/lg2)*lg(f1/f2) d := Abstand [Cent] 
f₁ := Frequenz des ersten Tons [Hz]
f₂ := Frequenz des zweiten Tons [Hz]

Diese Formel kann aber auch dann angewendet werden, wenn die Frequenzen der Töne gar nicht bekannt sind, sondern nur deren Verhältnis zuneinander, da f₁/f₂ ein dimensionsloser Ausdruck ist. Soll z. B. der Abstand d zwischen reiner großer Terz und dem Grundton berechnet werden, wird in die Formel für f₁/f₂ einfach 1,25/1 oder gleich 5/4 eingegeben. Um z. B. den Abstand d zwischen der reinen Quinte und der gleichschwebend temperierten Quinte bezogen auf den selben Grundton zu berechnen, wird für f₁/f₂ der Wert (3/2)/(2(7/12)) eingegeben. Das Ergebnis d ist vorzeichenbehaftet. Ist d > 0, so ist f₁ > f₂, ist d < 0, so ist f₁ < f. In vielen Fällen wird das Ergebnis auf ganze Cent gerundet angegeben. Der Abstand von der (reinen) Oktave zum Grundton (= 2:1) entspricht 1200 Cent, der Abstand zwischen zwei aufeinander folgenden gleichschwebend temperiert gestimmten Halbtönen beträgt 100 Cent.
Abschließend sei augenzwinkernd noch auf einen monetären Zufall(?) hingewiesen:

Der Abstand zwischen der reinen Quinte und der gleichschwebend
temperierten Quinte bezogen auf den selben Grundton ist

d ≈ 1,955000865387418 Cent

1 EuroCent 1,95583 × 1 Pfennig

Alles klar?   ;-)
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1.2. Schallintensität

Die Schallintensität ist ein Maß für die objektive "Lautstärke" eines Tons. Da allein das menschliche Ohr einen Schallintensitätsbereich von ca. 12 Dekaden wahrnehmen kann, wurde ein logarithmisches Maß, das Dezibel, eingeführt. Die Schallintensität in Dezibel wird wie folgt berechnet:

S=10*lg(((10^12)*dW)/(A*dt)) S := Schallintensität [dB] 
W := Energie [J = kg·m²·s⁻²] 
A := Fläche [m²] 
t := Zeit [s]

Diese Formel ist eigentlich nicht ganz "stubenrein", da sich die Einheiten innerhalb der Klammer nicht vollständig wegkürzen. Es bleibt [kg·s⁻³] über. Daher werden die Größen ohne ihre Einheiten in diese Formel eingesetzt. Es ist nur darauf zu achten, dass die Größen ggf. in die angegebenen Einheiten umgerechnet werden. Für Musiker ist diese Formel nicht so relevant, aber die Schallintensität an sich spielt eine wesentliche Rolle.

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1.3. Fuß

Das Fuß ist ein relatives Maß für die Tonhöhe und wird hauptsächlich bei Tasteninstrumenten (alle Orgeln, Cembalo, Clavichord, Harmonium, Akkordeon) benutzt.
Definition: Eine zylindrische, offene Labialpfeife mittleren Durchmessers, die den Ton C hervor bringt, ist 8 Fuß lang.
Das Fuß (Zeichen: ′) ist ein altes Längenmaß. 1′ entspricht ca. 30 cm. Die genaue Länge der oben erwähnten Labialpfeife richtet sich nach ihrem Aufstellungsort, der umgebenden Atmosphäre (Temperatur, Druck, chemische Zusammensetzung) und der Frequenz des Bezugstons, auf die das Instrument gestimmt ist. Bei den oben erwähnten Tasteninstrumenten sind die Tonerzeuger (Pfeifen, Zungen, Saiten) in Registern zusammengefasst. Jedes Register stellt für jede Taste der Klaviatur jeweils mindestens einen Tonerzeuger bereit. Vor allem in Orgeln gibt es neben den Registern mit einer Pfeife pro Taste auch solche mit mehr als einer Pfeife pro Taste. Sie werden "gemischte Stimmen" genannt, die einzelnen Pfeifenreihen eines solchen Registers "Chöre". Erzeugt der mit der Taste C bediente Tonerzeuger auch den Ton C, so wird das ganze Register als achtfüßig bezeichnet. In diesem Fall wird auch von der Äquallage, das heißt, der Ton erklingt in der Oktavlage in der er auch in moderner Notenschrift notiert ist, gesprochen. Bei einem 16′-Register erklingt der Ton eine Oktave tiefer als notiert, bei einem 32′-Register zwei Oktaven tiefer als notiert. Bei einem 4′-Register erklingt der Ton eine Oktave höher als notiert, bei einem 2′-Register zwei Oktaven höher als notiert. Bei einem 2²/₃′-Register erklingt der Ton eine reine Duodezime höher als notiert. Weitere Beispiele dafür finden sich im nächsten Kapitel.
Von den oben erwähnten Tasteninstrumenten hat die Orgel den größten Tonumfang. Die Manuale haben zwar heut zu Tage normalerweise nur einen Umfang von C-g³, das Pedal von C-f¹ im Gegensatz z. B. zum modernen Konzertflügel mit einem Manualumfang von A₂-c⁵. Der Konzertflügel hat aber keine Register und somit nur eine 8′-Besaitung. Selbst kleinere Orgeln haben jedoch schon Register von 16′ bis 1′ und somit einen Tonumfang von C₁-g⁶. Bei größeren Orgeln kommen noch 32′-Register hinzu, wodurch der Tonumfang von C₂-g⁶ reicht und somit nahezu den gesamten hörbaren Tonfrequenzbereich abdeckt. Bisher sind weltweit zwei Orgeln bekannt, die auch ein voll ausgebautes 64′-Register besitzen. Damit reicht deren Tonumfang von C₃-g⁶. Daneben sind noch vier Orgeln mit teilweise ausgebauten 64′-Registern bekannt. In einer Orgel stehen gleich zwei 64′-Register mit Pfeifen bis zum G♯₃, in drei weiteren Orgeln je ein 64′-Register mit Pfeifen bis zum A₃. Nach oben hin ist in der Praxis bei 1′-Registern (oder ⁸/₉′-Registern, sofern vorhanden) über den gesamten Manualumfang Schluss. Bei Registern, die Pfeifenreihen in höheren Fußlagen enthalten und über den gesamten Manualumfang laufen sollen, springen diese Pfeifenreihen spätestens bei Erreichen der für das jeweilige Orgelwerk festgelegten Tongrenze nach bestimmten Regeln in eine tiefere Fußlage (oder fallen manchmal einfach weg). Dies wird "repetieren" genannt. Nach unten hin ist bei 32′-Registern (sie stehen normalerweise im Pedalwerk) Schluss. Bei dem sehr seltenen 64′-Register im Pedalwerk reicht dessen tiefste Oktave bereits in den Infraschallbereich hinein. Somit können dessen tiefste Töne nicht mehr gehört, wohl aber als Vibration gefühlt werden.
Bei großen Cembali (Manualumfang F₁-f³) ist das Untermanual normalerweise mit 16′-, 8′- und 4′-Besaitungen, das Obermanual mit zwei 8′-Besaitungen ausgestattet. Der Tonumfang reicht also von F₂-f⁴. Auf der iberischen Halbinsel und in Mittel- und Südamerika ist das "palmo" (span.: Handspanne; Abk.: p) gebräuchlicher als das Fuß. Umrechnung: 13p = 8′

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1.4. Konsonanz und Dissonanz

Als konsonant werden Zusammenklänge von zwei oder mehr Tönen empfunden, wenn dieser Zusammenklang kein Verlangen nach einem weiteren Zusammenklang (Auflösung) auslöst. Ab drei zusammenklingenden Tönen wird auch von Akkorden gesprochen. Dann beziehen sich die Intervalle auf den Grundton des Akkords. Als dissonant werden Zusammenklänge bzw. Akkorde empfunden, die ein Verlangen nach einer Auflösung in einen konsonanten Zusammenklang bzw. Akkord auslösen. Die Empfindung von Konsonanz und Dissonanz ist subjektiv und hängt auch von der jeweils verwendeten relativen Stimmung ab. Im Laufe der Zeit gab es aber wechselnde Tendenzen für diese Empfindungen:
In der "westlichen Welt" werden die Quinte und die Oktave in allen Zeiten im Allgemeinen als konsonant empfunden, der Tritonus und die kleine Sekunde als dissonant. Im Mittelalter wurde lediglich noch die Quarte als konsonant empfunden, alle anderen Intervalle als dissonant. Seit der Renaissance gelten die große und die kleine Terz als konsonant, alle anderen Intervalle, jetzt auch die Quarte, als dissonant. Seit der Spätromantik, vor allem aber seit dem Aufkommen des Jazz im 20. Jahrhundert, gelten unter Umständen auch die große Sekunde, die große Sexte und die kleine und große Septime als konsonant. Eine weitere Rolle für diese Empfindungen spielt auch noch die Entfernung der zusammenklingenden Töne voneinander. So wird z. B. ein Zusammenklang aus Grundton und kleiner Sekunde als stärker dissonant empfunden als ein Zusammenklang von Grundton und kleiner None. Im Klangbeispiel erklingen nacheinander in gleichschwebend temperierter Stimmung die kleine Sekunde und die kleine None jeweils zusammen mit dem Grundton:
kleine Sekunde vs. kleine None

Ein Beispiel für einen Akkord mit ungewöhnlich geringer Dissonanzwirkung ist der Quintnonenakkord, der aus dem Grundton, der Quinte und der großen None gebildet wird. Im ersten Klangbeispiel erklingt dieser Akkord gebildet aus den drei Tönen c¹+g¹+d² in gleichschwebend temperierter Stimmung:
Quintnonenakkord glechschwebend temperiert

Noch geringer ist die Dissonanzwirkung, wenn der gleiche Akkord in quintenreiner Stimmung (unter Vermeidung der pythagoreischen Wolfsquinte) erklingt, da die drei Töne hier im ganzzahligen Verhältnis von "Grundton : Quinte : großer None" = 1:3:9 stehen:
Quintnonenakkord quintenrein

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2. Partialtöne und Klang

2.1. Physikalische Betrachtung

Wird auf einem Instrument ein "Ton" gespielt, so erklingt normalerweise neben dem Grundton ein ganzes Gebäude aus harmonischen und unharmonischen Partialtönen (Teiltönen). — Der Begriff "unharmonischer Partialton" ist umstritten, wird nachfolgend aber weiter verwendet. — Erst dieses zusätzliche Partialtongebäude, welches bei jedem Instrument unterschiedlich aufgebaut ist, verleiht jedem Instrument seinen individuellen Klang. Mathematisch lässt sich jeder Ton eines Instruments mit Hilfe der Fourieranalyse als eine Summe von Sinustönen darstellen. Der Sinuston selbst hat keinerlei Partialtöne. Das Ergebnis der Fourieranalyse wird als Spektrum bezeichnet. Der Klang eines Instruments wird durch die Amplituden der einzelnen Partialtöne im Spektrum charakterisiert. Als "nicht vorhanden" werden dabei alle Partialtöne bezeichnet, die entweder tatsächlich fehlen (vor allem unharmonische Partialtöne) oder deren Amplituden so gering sind, dass diese Partialtöne auch für sich allein nicht mehr hörbar sind, oder sie vom Hintergrundrauschen oder anderen Partialtönen überdeckt werden. Die Frequenzen der harmonischen Partialtöne sind immer ganzzahlige Vielfache der Frequenz des Grundtons. Die Frequenzen der unharmonischen Partialtöne sind immer nichtganzzahlige Vielfache der Frequenz des Grundtons. Ein absolut reiner Sinuston kann in der Praxis nicht erzeugt werden. Näherungsweise reine Sinustöne werden von elektronischen Sinusgeneratoren und von der nachfolgend abgebildeten Stimmgabel erzeugt.

Stimmgabel mit dem Ton a¹ = 440 Hz

Bei einem näherungsweise reinen Sinuston ist dessen Partialtongebäude nicht mehr hörbar und auf einem normalen Elektronenstrahloszilloskop auch nicht mehr als Abweichung der Kurve von der Sinusform sichtbar, wenn auf dem Bildschirm mindestens eine Halbwelle dargestellt wird.

Nachfolgend sind die ersten 27 harmonischen Partialtöne des "Tons" C dargestellt. Die Nummerierung beginnt üblicherweise mit "1" für den Grundton!

harmonische Partialtöne 1-27

Im Klangbeispiel erklingen zunächst nacheinander die ersten 27 Partialtöne jeweils zusammen mit dem Grundton. Anschließend folgt ein Arpeggio beginnend mit dem Grundton bis hin zum 16. Partialton.
Partialtöne

In der nachfolgenden Tabelle sind die im oberen Bild dargestellten harmonischen Partialtöne in Beziehung zur gleichschwebend temperierten Stimmung, zum Fußmaß und zum Maß des Tastenabstandes gesetzt.

Partialton 1 2 3 4 5 6  7 8 91011121314
Note¹Cc⁰ g⁰ f♯² a♭²
Abweichung² ±0 ±0 +2  ±0-14 +2-31 ±0 +4-14-49  +2+41-31
Fußmaß³ 8′4′ 2²/₃′2′ 1³/₅′ 1¹/₃′ 1¹/₇′1′ ⁸/₉′ ⁴/₅′ ⁸/₁₁′ ²/₃′ ⁸/₁₃′ ⁴/₇′
Tastenabstand1.8.12.15.17. 19. 22.23.24. 26.  
 
Partialton151617181920212223 24252627 
Note¹ d♭³ e♭³ f♯³ f♯³a♭³ a♭³
Abweichung²-12 ±0 +5  +4 -2-14-29-49+28 +2-27+41  +6
Fußmaß³ ⁸/₁₅′¹/₂′⁸/₁₇′ ⁴/₉′⁸/₁₉′ ²/₅′ ⁸/₂₁′⁴/₁₁′ ⁸/₂₃′¹/₃′⁸/₂₅′ ⁴/₁₃′⁸/₂₇′
Tastenabstand28.29. 30.  31.32.  33.  34.

¹Note: bestmögliche Näherung, bezogen auf gleichschwebend temperierte Stimmung
²Abweichung in Cent vom gleichschwebend temperierten Ton (Note), gerundet auf ganze Cent
³Fußmaß: Die meisten Orgelregister, die nicht in Äquallage oder Oktavlage klingen, bilden Partialtonregister zum 8′-Register, in kleinen Orgeln oder Nebenwerken größerer Orgeln manchmal zum 4′-Register, im Pedalwerk und im Hauptwerk größerer Orgeln auch zum 16′-Register, im Pedalwerk großer Orgeln bisweilen auch zum 32′-Register. Normalerweise ist beim Neuntelfuß Schluss, bei sehr vielen Orgeln sogar schon beim Fünftelfuß. Höhere Chöre ab Elftelfuß finden sich gelegentlich in speziellen gemischten Stimmen.
Tastenabstand: Gezählt werden die Ganztontasten, was beim modernen Klavier den weißen Tasten entspricht, zwischen der Taste für den Ton C und der Taste, welche bei gezogenem 8′-Register (näherungsweise) den gewünschten Ton hervorbringt. Die Zählung beginnt bei "1" für die Taste für den Ton C. Angegeben wird die entsprechende Ordnungszahl in der jeweiligen Landessprache. In deutschsprachigen Gebieten ist dieses System unüblich. In englischsprachigen Gebieten ist es häufig zu finden und in spanisch-, portugisisch- und italienischsprachigen Gebieten bereits seit der Renaissancezeit der Regelfall. Dieses System funktioniert nur bis zum Fünftelfuß und für Neuntel-, Fünfzehntel-, Einundzwanzigstel- und Siebenundzwanzigstelfuß, da bei anderen Fußlagen, insbesondere dem mittlerweile nicht mehr unüblichen Siebtelfuß, den Tönen Halbtontasten zugeordnet werden müssten. In der Zeit, als dieses System aufkam, war dies jedoch kein Problem, da in den damaligen Orgeln beim Fünftelfuß Schluss war.

Für einige Partialtöne existieren Bezeichnungen, die z. B. bei Orgelregistern häufig zu finden sind:

PartialtöneBezeichnungen
2, 4, 8, 16Oktave (4 auch "Superoktave")
3, 6, 12, 24Quinte (6 auch "Superquinte")
5, 10, 20Terz
7, 14Septime, Naturseptime
9, 18None
11, 22Undezime, Elfte, Quarte, Alphorn-Fa
13, 26Tredezime, Dreizehnte, Sexte
15Durseptime
19Mollterz

Kombinationstöne: Unter bestimmten Bedingungen, vor allem Mindestschallintensitäten der beteiligten Töne, können beim Aufeinandertreffen von zwei oder mehr Tönen zusätzliche Töne wahrgenommen werden. Diese Töne sind jedoch kein Schall und daher auch nicht mit den üblichen Verfahren messbar. Sie entstehen auf Grund mechanischer Eigenschaften des Innenohres, also unabhängig von der "subjektiven" Wahrnehmung. Für Sinustöne gibt es eine Formel zur Berechnung der möglichen Kombinationstöne:

fK=n*f1+m*f2 fK := Frequenz des Kombinationstons [Hz]
f₁ := Frequenz des ersten Tons [Hz]
f₂ := Frequenz des zweiten Tons [Hz]
n, m := ganze Zahlen, also {…;-2;-1;0;+1;+2;…} 

Mit n > 0 und m = 0 ergeben sich die harmonischen Partialtöne zu f₁. Mit n = 1 und m = -1 und f₁ > f₂ ergibt sich der Differenzton oder Residualton. Neben den Partialtönen kommt diesem Differenzton eine besondere Bedeutung zu. Der Differenzton gebildet aus Grundton und reiner Oberquinte zum Grundton liefert als Differenzton die Unteroktave zum Grundton. Dieser Umstand dient als Hilfsmittel, wenn reine Intervalle, vor allem Quinten, gestimmt werden. Allgemein wird der Differenzton um so besser wahrgenommen, je niedriger die Ordnungszahlen der Partialtöne sind, aus denen er gebildet wird. Außerdem wird damit bei einigen Instrumenten ein "akustischer" Ton (Unteroktave zum Grundton) gebildet, was dem Gesamtklang zusätzliche Fülle verleit. So findet sich in größeren Orgeln im Pedal neben einigen 16′-Registern eine Quinte 10²/₃′, die zusammen mit einem 16′-Register das Klingen eines 32′-Registers vortäuscht. Damit wird der Platz für ein 32′-Labialregister gespart. Beim 64′-Register, dessen tiefste Oktave nicht mehr hörbar ist, wird durch die zusätzliche Verwendung eines 32′-Registers und einer Quinte 21¹/₃′ die Hörbarkeit vorgetäuscht. Die weltweit meisten 64′-Register besitzen zumindest in der tiefsten Oktave gar keine eigenen Pfeifen, sondern nutzen den aus 32′ + 21¹/₃′ gebildeten Differenzton. Bei vielen Sackpfeifen und Drehleiern sind die Bordune auf den Grundton und die reine Oberquinte zum Grundton gestimmt, wodurch infolge des entstehenden Differenztons ein sehr voller Bordunklang wahrgenommen wird.

Eine andere physikalische Eigenschaft unterteilt die Musinkinstrumente grob in zwei Gruppen:
1. Instrumente, deren Tonerzeuger solange Töne produzieren, bis die Tonerzeugung vom Benutzer beendet wird. Physikalisch entspricht dies einer ungedämpften Schwingung. Dazu gehören z. B. alle Blasinstrumente (Holzblasinstrumente, Blechblasinstrumente, Pfeifenorgeln, Harmonikas, …). In diese Gruppe gehört auch der Sinusgenerator.
2. Instrumente, deren Tonerzeuger sofort nach dem Start der Tonerzeugung ausklingen. Physikalisch entspricht dies einer gedämpften Schwingung. Dazu gehören z. B. die Saiteninstrumente (Lauten, Harfen, Leiern, Hackbretter, Cembalo, Klavier, …), ausgenommen die Streichinstrumente, und die Schlaginstrumente (Trommeln, Glocken, Xylophone, Gongs, …). In diese Gruppe gehört auch die Stimmgabel.
Anhand von Oszillogrammen eines Sinusgenerators und einer Stimmgabel lässt sich dieser Unterschied verdeutlichen:

Oszillogramm eines Sinusgenerators 
s(t)=A*sin(2*pi*f*t)
Oszillogramm einer Stimmgabel 
s(t)=A*e(-d*t)*sin(2*pi*f*t)
Es bedeuten: 
s := momentane Auslenkung des schwingenden Elements von der Nulllage [m] 
t := Zeit [s] 
A := Amplitude (maximale Auslenkung des schwingenden Elements von der Nulllage) [m] 
f := Frequenz des Tons [s-1]  (Hinweis: 1 s-1 = 1 Hz) 
d := Dämpfungskonstante [s-1] 

Die Streichinstrumente (Geigen, Gamben, Fideln, Rebecs, Drehleier, …) stellen in so fern einen Grenzfall dar, als ihre Töne scheinbar ungedämpften Schwingungen entsprechen. Tatsächlich aber führen deren Saiten wie alle Saiten gedämpfte Schwingungen aus. Durch das "Streichen" über die Saiten mit einem Bogen oder einem Reibrad (Drehleier) wird die Tonerzeugung der Saite in sehr kleinen, zufällig verteilten Zeitintervallen immer wieder erneut gestartet. Dies geschieht durch Widerhaken an den Bogenhaaren bzw. die rauhe Holzoberfläche der Reibscheibe und zusätzlich aufgebrachte Kolophoniumkrümel auf Bogenhaare oder Reibscheibe. Die Zeitintervalle zwischen zwei aufeinanderfolgenden Startvorgängen der Tonerzeugung sind so klein, dass das menschliche Ohr eine scheinbar ungedämpfte Schwingung wahrnimmt. Der hier beschriebene Vorgang verursacht allerdings ein mehr oder weniger deutlich wahrnehmbares Zusatzgeräusch, welches zur Klangbildung der verschiedenen Streichinstrumente nicht unwesentlich beiträgt.

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2.2. Besonderheiten beim 9. und 15. Partialton

Die Oktaven, also die Partialtöne mit den Ordnungszahlen 2n (n = natürliche Zahl), die jeweils auch Partialtöne zu den tieferen Oktaven (Partialtönen mit den Ordnungszahlen 2n-1, 2n-2, usw.) sind, sind als Partialtöne besonders unauffällig, da sie am besten mit dem Grundton verschmelzen.

Ein ähnlicher, wenn auch nicht so stark ausgeprägter Effekt tritt auch beim 9. Partialton (None) auf, da dieser Ton gleichzeitig der 3. Partialton zum 3. Partialton (Quinte) ist. Noch schwächer ausgeprägt ist dieser Effekt beim 15. Partialton (Durseptime), der gleichzeitig der 3. Partialton zum 5. Partialton (Terz) ist.

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2.3. Hörphysiologische Betrachtung

Das menschliche Ohr nimmt nur Töne wahr, die in einem bestimmten Frequenzbereich und einem bestimmten Amplitudenbereich liegen. Der Frequenzbereich beginnt bei ca. 16 Hz (untere Hörbarkeitsgrenze), was, je nach Bezugston, in etwa dem Ton C₂ entspricht und reicht bis ca. 16 kHz (in Ausnahmefällen bis ca. 20 kHz; obere Hörbarkeitsgrenze), was einem Ton irgendwo zwischen h⁶ und c⁷entspricht. Diese obere Grenze variiert von Mensch zu Mensch stärker als die untere Grenze und kann mit zunehmendem Alter auf bis zu ca. 5 kHz absinken. Töne mit Frequenzen unterhalb von 16 Hz werden als Infraschall bezeichnet und können bei hinreichend großer Amplitude als Vibrationen gefühlt werden. Einige Tiere aber, z. B. Elefanten, können solche Töne hören. Töne mit Frequenzen oberhalb von 20 kHz werden als Ultraschall bezeichnet. Der Mensch kann diese Töne nicht wahrnehmen. Einige Tiere, z. B. Hunde, können solche Töne hören. Die "lautlose Hundepfeife" beispielsweise produziert einen Ton im Ultraschallbereich, der zwar nicht mehr vom Menschen, wohl aber vom Hund gehört werden kann.
Die Amplitude entspricht bei Tönen der Schalleistung pro Fläche [W/m²] und wird oft als Schallintensität bezeichnet und in der logarithmischen Einheit Dezibel angegeben. Die Hörschwelle (untere Wahrnehmunggrenze) ist stark frequenzabhängig. Das Maximum liegt im Bereich von ca. 1…2 kHz, wo bereits eine Schallintensität von ca. 5 dB genügt. Oberhalb von etwa 12 kHz (bei älteren Menschen u.U. schon früher) nimmt die Hörschwelle stark ab. Diese Töne müssen also eine erheblich höhere Schallintensität aufweisen. Unterhalb von ca. 500 Hz nimmt die Hörschwelle näherungsweise linear ab. An der unteren Hörbarkeitsgrenze von ca. 16 Hz ist eine Schallintensität von ca. 75 dB erforderlich. Die Schmerzgrenze (obere Wahrnehmungsgrenze) liegt bei ca. 130 dB und sinkt in der Nähe der oberen und unteren Hörbarkeitsgrenze auf ca. 120 dB ab.
Diese Schmerzgrenze ist eine körpereigene Schutzfunktion, die mensch unbedingt ernst nehmen sollte! Bereits kurzzeitige Schallintensitäten jenseits der Schmerzgrenze können den menschlichen Hörapparat dauerhaft schädigen!
Das extrem nichtlineare Verhalten des menschlichen Hörapparates bewirkt, dass unterschiedliche Musikinstrumente als am deutlichsten verschieden wahrgenommen werden, wenn deren Grundtöne im Bereich von der kleinen bis zur zweigestrichenen Oktave klingen. Bei sehr hohen Tönen reicht das Partialtongebäude bereits weit in den Ultraschallbereich hinein, wodurch viele Partialtöne, die in tieferer Lage den Klangcharakter des Instruments mitbestimmen, außerhalb des Wahrnehmungsbereichs liegen. Außerdem werden auch die noch unterhalb der oberen Hörgrenze liegenden Partialtöne wegen der stark sinkenden Hörschwelle in diesem Frequenzbereich nur schlecht oder gar nicht wahrgenommen. Umgekehrt tritt dieses Problem bei sehr tiefen Tönen auf. Hier werden die hohen Partialtöne - in diesem Bereich liegen auch viele unharmonische Partialtöne - sehr viel besser wahrgenommen als der Grundton und die ersten, tiefliegenden Partialtöne. Bei qualitativ minderwertigen Instrumenten, in seltenen Fällen auch absichtlich, kann der Grundton sogar regelrecht in den Partialtönen untergehen. Besonders negativ fallen hier schlampig gearbeitete Orgelregister auf, vor allem der sehr häufig gebaute (gedeckte) Subbass 16′, bei dem dann fast nur noch die Duodezime anstelle des Grundtons zu hören ist.

Nachfolgend werden einige immer wieder geäußerte Klangempfindungen wie z. B. dumpf, voll oder spitz näher erläutert.

  • voll: Neben dem Grundton sind alle harmonischen Partialtöne {2, 3, 4, 5, 6, 7, …} mit deutlich wahrnehmbaren Schallintensitäten vorhanden, ohne dass der Grundton in den Partialtönen untergeht. Es sind nur wenig unharmonische Partialtöne im Spektrum enthalten. Mit zunehmender Höhe werden die Schallintensitäten der Partialtöne geringer.
  • rund: Ähnlich wie "voll", jedoch tritt der Grundton gegenüber den Partialtönen wesentlich stärker hervor.
  • hohl: Neben dem Grundton sind nahezu nur die harmonischen Partialtöne mit ungeraden Ordnungszahlen {3, 5, 7, 9, …} mit deutlich wahrnehmbaren Schallintensitäten vorhanden, ohne dass der Grundton in den Partialtönen untergeht. Es sind nur wenig unharmonische Partialtöne im Spektrum enthalten. Mit zunehmender Höhe werden die Schallintensitäten der Partialtöne erheblich geringer bzw. die hohen Partialtöne fehlen beinahe gänzlich.
  • quintierend: Dies ist ein Sonderfall von "hohl". Hier tritt neben dem Grundton dessen Duodezime, also der Partialton mit der Ordnungszahl 3, besonders stark hervor. In bestimmten Fällen wird das Quintieren gewünscht (z. B. Orgelregister Quintadena, meist 16′ oder 8′, seltener 4′). In anderen Fällen ist es unerwünscht (z. B. Orgelregister (gedeckter) Subbass 16′ oder 32′).
  • dumpf: Neben dem Grundton sind kaum Partialtöne vorhanden. Das Extrembeispiel hierfür ist der Sinuston. Ein dumpfer Klang wird in den allermeisten Fällen nicht gewünscht. Die einzigen wesentlichen Ausnahmen sind die Stimmgabel und elektronische Stimmgeräte (Sinusgeneratoren). Hier würde ein Partialtongebäude nur den Grundton undeutlich machen und somit das Stimmen erschweren.
  • scharf: Neben dem Grundton sind meist alle harmonischen Partialtöne vorhanden, ohne dass der Grundton in den Partialtönen untergeht. Die Partialtöne mit Ordnungszahlen von ca. 8…32 sind mit besonders hoher Schallintensität vertreten. Es sind nur wenig unharmonische Partialtöne im Spektrum enthalten.
  • spitz: Ähnlich wie "scharf", jedoch gibt es deutliche Lücken im Partialtongebäude, das heißt, einzelne Partialtöne sind mit besonders hoher Schallintensität vertreten.
  • schrill: Neben dem Grundton sind meist alle harmonischen Partialtöne vorhanden. Deren Schallintensität nimmt bis in hohe Lagen kaum ab. Der Grundton kann in den Partialtönen auch regelrecht untergehen. Hier sind auch vermehrt unharmonische Partialtöne im Spektrum enthalten. Ein schriller Klang wird als sehr aufdringlich und unangenehm empfunden, weshalb er in den allermeisten Fällen nicht gewünscht wird. Die nahezu einzigen Ausnahmen sind akustische Alarmmelder und Trillerpfeifen. Je aufdringlicher und unangenehmer deren Töne sind, desto schneller werden sie bemerkt.
  • rauchig: Vor allem die Partialtöne in mittlerer Lage sind weniger stark ausgeprägt. Im Spektrum sind aber sehr viele hohe harmonische und unharmonische Partialtöne geringerer Schallintensität enthalten, die im Zusammenwirken ein Rauschen erzeugen.
  • schnarrend: Dieser Klang wird durch bestimmte unharmonische Partialtöne mit relativ hoher Schallintensität erzeugt, die vor allem bei Rohrblattinstrumenten und den Zungenstimmen der Orgel entstehen. Bei Instrumenten mit zylindrischer Röhre tritt dieser Klang stärker hervor als bei solchen mit konischer Röhre, da bei letzteren die unharmonischen Partialtöne stärker von harmonischen Partialtönen überdeckt werden. Normalerweise wird es nicht gewünscht, dass die für das Schnarren verantwortlichen unharmonischen Partialtöne die harmonischen Partialtöne des Instruments überdecken. Die Gesamtheit aller Zungenstimmen in einer Orgel wird wegen ihres schnarrenden Klangs auch als Schnarrwerk bezeichnet.
  • kratzig: Hier überwiegen im Spektrum die unharmonischen Partialtöne sowohl an Zahl als auch an Schallintensität. Grundton und harmonische Partialtöne können nahezu vollständig von den unharmonischen Partialtönen überdeckt werden. Ein kratziger Klang wird normalerweise nicht gewünscht. Das klassiche Beipiel für einen kratzigen Klang ist ein Streichinstrument, bei dem der Bogen während des Strichs mit unüblich hohem Druck auf der Saite geführt wird.
  • summend: Auch hier sind sehr viele unharmonische Partialtöne im Spektrum enthalten. Anders als bei einem kratzigen Klang sind deren Schallintensitäten aber wesentlich geringer. Grundton und harmonische Partialtöne werden nicht überdeckt. Dieser Klang erinnert an das Geräusch, das fliegende Insekten verursachen. Die Sackpfeife "Hümmelchen" (= kleine Hummel) verdankt diesem Umstand ihren Namen.

Allgemein lässt sich folgendes sagen: Ein Klang wird mehr als "Ton" empfunden, wenn der Grundton und die harmonischen Partialtöne in tiefer und mittlerer Lage deutlich hervortreten. Ein Klang wird mehr als "Geräusch" empfunden, wenn die unharmonischen Partialtöne und die harmonischen Partialtöne in sehr hoher Lage deutlich hervertreten.

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3. relative Stimmung

3.1. Stimmungen, bei denen die Oktave in 12 Töne aufgeteilt wird

In der "westlichen Welt" ist die Unterteilung der Oktave in 12 Töne üblich. Für die Festlegung der Intervalle zwischen diesen 12 Tönen gibt es zahllose Möglichkeiten. Nachfolgend sind für einige häufig anzutreffende Stimmungen die berechneten Intervalle der 12 Töne jeweils zum Grundton angegeben. Hier wird auch ersichtlich, dass diese Möglichkeit der Intervallangabe schnell sehr unhandlich wird.
Am Ende des Kapitels "relative Stimmung" werden auch einige Stimmungen vorgestellt, bei denen die Oktave nicht in 12 Töne unterteilt wird oder ein anderes Intervall als die Oktave aufgeteilt wird.
Bei der Berechnung der Intervalle für die unterschiedlichen Stimmungen ergeben sich, abgesehen von der gleichschwebend temperierten Stimmung, immer für einige Töne Verhältnisse, nach denen diese Töne in einer andere Oktave liegen. Um alle Töne einer Stimmung in eine Oktave zu bringen, wird das berechnete Verhältnis als Bruch betrachtet und mit 2n multipliziert, wobei n eine ganze Zahl ist, also n = {-∞;…;-2;-1;0:+1:+2;…;+∞} . n ist dabei so zu wählen, dass der Bruch einen Dezimalwert zwischen 1 und 2 annimmt.

Notecc♯d♭dd♯e♭ eff♯
rein1:125:2425:249:86:56:55:44:3 25:18
obertonrein1:117:1617:169:819:1619:165:4 21:1623:16
quintenrein1:12187:2048256:2439:819683:1638432:27 81:644:3729:512
gleichschwebend1:12(1/12):12(1/12):12(2/12):12(3/12):1 2(3/12):12(4/12):12(5/12):12(6/12):1
 
Noteg♭gg♯a♭aa♯bhc
rein25:183:28:58:55:39:59:515:82:1
obertonrein23:163:225:1625:1627:167:47:415:82:1
quintenrein1024:7293:26561:4096128:81 27:1659079:3276816:9243:1282:1
gleichschwebend2(6/12):12(7/12):12(8/12):12(8/12):1 2(9/12):12(10/12):12(10/12):12(11/12):12:1

Die nachfolgende Tabelle gibt die Intervalle der 12 Töne jeweils zum Grundton in Cent (gerundet auf ganze Cent) an. Hier wurden noch drei weitere Stimmungen aufgenommen, für deren Intervalle allerdings keine Berechnungsformeln existieren. Sie werden "nach Gehör" gestimmt.

Notecc♯dbdd♯e♯ef f♯g♯gg♯a♯aa♯bhc
rein07171204316316386498 5695697028148148841018101810881200
obertonrein0105105204298298386 47162862870277377390696996910881200
quintenrein011490204318294 408498612588702816792906102099611101200
terzenrein07676193310 3103865045795796967727728901007100710831200
Silbermann¹08686196306 3063925025885886967847848941004100410961200
Neidhardt¹09494196296 29639249859259269879679689499699610921200
gleichschwebend0100100200300 3004005006006007008008009001000100011001200

¹Silbermann und Neidhardt sind ungleichschwebend temperierte Stimmungen.

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3.1.1. reine Stimmung

Die reine Stimmung wird vor allem bei "diatonischen" Instrumenten, also Instrumenten, auf denen nur die Töne für eine Tonleiter (und allenfalls einige behelfsmäßige Halbtöne) spielbar sind, angewendet. Neben Holzblasinstrumenten, auf denen vor allem traditionelle Musik gespielt wird, findet sich diese Stimmung sehr häufig bei diatonischen Handharmonikas und Mundharmonikas. Ein Instrument, das auf eine Tonart rein gestimmt ist, klingt in allen anderen Tonarten unrein.

reine Stimmung blau: Grundtom im Durdreiklang 
grün: große Terz im Durdreiklang 
orange: reine Quinte im Durdreiklang 
rot: Ton c, die Basis für die Berechnungen in den Tabellen

In der Praxis sind die meisten Instrumente auf die vorzeichenarmen Tonarten (max. 1 Vorzeichen) gestimmt. Zunächst wird der Bezugston eingestimmt. Soll das Instrument z. B. auf c mit a¹ = 440 Hz gestimmt werden, so wird erst der Ton a gestimmt und dann gleich das nächst höhere c gestimmt. Dann werden alle Oktaven zu diesem Ton gestimmt. Das geschieht auch jedesmal sofort, nach dem ein weiterer Ton gestimmt wurde! Nach der Festlegung des Tones c als Bezugston, wird zunächst der aufsteigende Dreiklang c → e → g rein gestimmt, e als reine große Terz, g als reine Quinte. Dann wird g Bezugston und auf dieses g wird der aufsteigende Dreiklang g → h → d rein gestimmt. Die noch fehlenden Töne werden mit dem absteigenden Dreiklang c → a → f gestimmt. Der Ton c ist nun die reine Quinte, zu der das f rein eingestimmt wird. Dann wird das a zum f als reine große Terz gestimmt. Auf einem diatonischen Instrument sind jetzt bereits alle Töne gestimmt. Werden Halbtöne benötigt, so wird der bereits gestimmte Ton mit dem kleinsten Verhältnis ganzer Zahlen, der eine große oder kleine Terz von dem gewünschen Halbton entfernt liegt, gesucht und dann das betreffende Intervall rein gestimmt. Bei dieser Stimmung wird grundsätzlich der Ton mit dem kleinsten Verhältnis ganzer Zahlen zum Grundton benutzt. Besonders deutlich wird dieses Phänomen bei der großen Sekunde zum Grundton, also beim Ton d, wenn auf c gestimmt wird. Benutzt wird das d, welches sich durch Stimmen der Dreiklänge c → e → g, gefolgt von g → h → d ergibt. Es hat zum Grundton ein Verhältnis von 9:8 = 1,125:1 . Dieser Ton wird auch als großer Ganzton bezeichnet. Das "andere", hier nicht benutzte d ergibt sich, wenn die Dreiklänge c → a → f, gefolgt von f → d → b gestimmt werden. Es hat zum Grundton ein Verhältnis von 10:9 ≈ 1,111:1 . Dieser Ton wird auch als kleiner Ganzton bezeichnet.

Das "syntonische Komma" oder "didymische Komma" bezeichnet die Abweichung zwischen großem und kleinem Ganzton, die 81:80 = 1,0125:1 beträgt, was d ≈ 22 Cent entspricht.

Die reine Stimmung erfordert viel Übung. Die reinen Quinten sind zwar leicht einzustimmen, da deren Differenzton nur eine Oktave unter dem tieferen Ton liegt und somit gut zu hören ist. Bei den reinen großen Terzen wird das schon schwieriger. Hier liegt der Differenzton bereits zwei Oktaven unter dem tieferen Ton. Bei den kleinen reinen Terzen liegt er zwei Oktaven plus eine reine Quinte unter dem höheren Ton. Dieser Differenzton ist sehr schlecht zu hören.

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3.1.2. obertonreine Stimmung

Die obertonreine Stimmung ist nicht an eine bestimmte Epoche oder einen bestimmten Kulturkreis, sondern an bestimmte Instrumente geknüpft, auf denen nur die harmonischen Partialtöne gespielt werden können. Dazu gehören alle Blechblasinstrumente, sofern die Tonhöhe nicht durch technische Vorrichtungen (Ventile, Züge, Klappen, Grifflöcher) oder Maßnahmen der Bläsers (Ziehen¹, Stopfen²) verändert wird. Außerdem gehören Partialtonflöten, Partialtongesang und Saiteninstrumente, auf denen nur die sogenannten Flageoletttöne (= harmonische Partialtöne) gespielt werden, dazu. Diese Stimmung verträgt sich besonders schlecht mit allen anderen Stimmungen, die von einer Unterteilung der Oktave in 12 Töne ausgehen, da die Partialtöne mit den Ordnungszahlen 7, vor allem aber 11 und 13, mit keinem notierten Ton in der zwölfgeteilten Oktave auch nur annähernd übereinstimmen. Nur auf Instrumenten, auf denen auch höhere Partialtöne (ab Ordnungszahl 15) gespielt werden können, kann eine in 12 Töne unterteilte Oktave realisiert werden. Im Zusammenhang mit der in 12 Töne unterteilten Oktave stellt diese Stimmung einen Grenzfall dar.

¹Ziehen: Durch Ändern des Blasdrucks wird die Tonhöhe des gespielten Tons verändert.
²Stopfen: Durch Einführen der Hand in die Stürze (= Schalltrichter) bei Hörnern kann der Ton um bis zu einen Ganzton gesenkt werden.

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3.1.3. quintenreine Stimmung

Die quintenreine Stimmung (auch "pythagoreische" Stimmung) war bereits in der Antike bekannt und war die allgemein gültige Stimmung im Mittelalter. In dieser Stimmung klingen neben der Oktave die Quinten und Quarten rein, die im Mittelalter als konsonant betrachtet wurden. Terzen klingen unrein. Da die Terz aber im Mittelalter als dissonantes Intervall betrachtet wurde, störte das nicht. Diese Stimmung erlaubt keine enharmonische Verwechslung der Halbtöne. Da die mittelalterliche Musik aber normalerweise vorzeichenlose Tonleitern, meist Kirchentonleitern (Modi), verwendete, wurden vorzeichenbehaftete Halbtöne nur selten benötigt. Deshalb wurden nur die vorzeichenbehafteten Halbtöne c♯, e♭, f♯ und b gestimmt. Für den fehlenden Halbton g♯ bzw. a♭ wurde die eine oder die andere Möglichkeit gewählt. Neben Instrumenten für die Wiedergabe von mittelalterlicher Musik (und moderner Musik, die "mittelalterlich" klingen soll) werden auch die Saiten in Quint- oder Quartabständen auf bundlosen Saiteninstrumenten meist in reinen Quinten und Quarten gestimmt, z. B. Violine, Viola, Violoncello (reine Quinten), Kontrabass (reine Quarten). Diese Stimmung kommt auch für die E-Gitarre in Betracht, wenn auf ihr vor allem sogenannte "Powerchords" ("Akkord" nur aus Grundton, Quinte und Oktave) mit nachgeschaltetem Verzerrer gespielt werden sollen. Die quintenreine Stimmung kann mit einer Formel berechnet werden:

f_X/f_G=3/2=1,5/1 fX := Frequenz der Quinte zum Grundton [Hz]
fG := Frequenz des Grundtons [Hz]

Zwischen einem Ton und dessen Quinte beträgt der Abstand d ≈ 702 Cent bei dieser Stimmung. Die praktische Handhabung dieser Stimmung ist sehr einfach: Zunächst wird der Bezugston (heute meist a¹ = 440 Hz) gestimmt. Dann werden alle Oktaven zu diesem Ton gestimmt. Das geschieht auch jedesmal sofort, nachdem ein weiterer Ton gestimmt wurde! Nach dem Grundton werden die aufsteigenden Quinten a → e, e → h, h → f♯, f♯ → c♯ und, wenn auf a♭ verzichtet wird, c♯ → g♯ jeweils rein gestimmt. Dann werden die absteigenden Quinten a → d, d → g, g → c, c → f, f → b, b → e♭ und, wenn auf g♯ verzichtet wird, e♭→a♭ jeweils rein gestimmt. Sofern das Instrument dies zulässt, werden die Quinten im Bereich der kleinen und eingestrichenen Oktave gestimmt, da hier Abweichungen von der reinen Quinte besonders gut zu hören sind. Aus diesem Grund ist es auch wichtig, sofort nach jeder Quinte alle vorhanden Oktaven dazu zu stimmen! In jedem Fall verbleibt eine extrem unreine Quinte, die zwischen g♯ und e♭ liegt oder, wenn das a♭ an statt des g♯ gestimmt wird, zwischen c♯ und ab liegt. Diese Quinte wird als "pythagoreische Wolfsquinte" bezeichnet und in Kompositionen tunlichst vermieden.
Bei Instrumenten mit sehr begrenztem Tonumfang und solchen, die nur in einem bestimmten Bereich ihres Tonumfangs sinnvoll gestimmt werden können (z. B. die meisten Holzblasinstrumente, die nur mit Grifflöchern ausgestattet sind) muss bei einigen Tönen vom oben beschriebenen Verfahren abgewichen werden. Als Beispiel soll die Spielpfeife einer Sackpfeife (Tonumfang c¹ d¹ — d²) quintenrein mit a¹ = 440 Hz gestimmt werden: Zunächst wird also das a¹ z. B. mit Hilfe einer Stimmgabel auf 440 Hz gestimmt. Zu diesem Ton gibt es auf dieser Spielpfeife keine Oktaven. Auch die Quinte e² fehlt. Also wird die Quarte a¹ → e¹ rein gestimmt. Dann wird die Quinte e¹ → h¹ rein gestimmt, gefolgt von der Quarte h¹ → f♯¹. Es folgen die Quinte f♯¹ → c♯² und die Quarte g♯¹ → c♯². Der Ton c♯¹ ist nicht auf der Spielpfeife vorhanden. Nun wird die Quinte a¹ → d¹ rein gestimmt, gefolgt von der Oktave d¹ → d². Es folgen die Quinte d² → g¹ und die Quinte g¹ → c¹. Dann wird die Oktave c¹ → c² gestimmt. Es schließen sich die Quinte c² → f¹, die Quarte f¹ → b¹ und die Quinte b¹ → e♭¹ an. Da der Ton g♯¹ gestimmt wurde, entfällt der Ton a♭¹. Die Töne c und d sind in jeweils zwei Oktavlagen vorhanden, weshalb an einigen Stellen anstelle von Quinten auch Quarten gestimmt werden könnten. Soweit möglich werden aber reine Quinten gestimmt, da eine reine Quinte noch leichter zu stimmen ist als eine reine Quarte. Das liegt daran, dass der Differnzton, der bei dieser Stimmung als Hilfsmittel dient, bei einer reinen Quinte nur eine Oktave unter dem tieferen der beiden Töne liegt. Bei reinen Quarten liegt er bereits eine Duodezime unter dem tieferen der beiden Töne bzw. zwei Oktaven unter dem höheren der beiden Töne. Dieses Beispiel ist nur theoretischer Natur! In der Praxis muss berücksichtigt werden, dass Änderungen an den tiefen Tönen auch Auswirkungen auf die höheren Töne der Spielpfeife haben.

Das "pythagoreische Komma" ist ein Phänomen, das bereits im antiken Griechenland im Zusammenhang mit der quintenreinen Stimmung bekannt war. Die Intervalle f₁ gebildet aus 12 reinen Quinten und f₂ gebildet aus 7 reinen Oktaven ergeben zwar den gleichen notierten Ton. Sie weichen aber voneinander ab, da
(3/2)12 = (531441/4096) ≈ 129,746
als Ergebnis eine gebrochen rationale Zahl,
27 = 128
aber eine ganze Zahl als Ergebnis liefert. Das pythagoreische Komma entspricht dem Verhältnis:
f₁:f₂ = (3/2)12:27 ≈ 1,0136:1 ⇒ d ≈ 23 Cent
Die "pythagoreische Wolfsquinte" ist genau um den Betrag des pythagoreischen Kommas kleiner als die reine Quinte und steht im Verhältnis:
(3/2):((3/2)12:27) ≈ 1,4798:1 ⇒ d ≈ 678 Cent

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3.1.4. terzenreine Stimmung

Die terzenreine Stimmung kam im musikalischen Übergang vom Mittelalter zur Renaissance auf, als sich ein grundlegender Wandel in den Hörgewohnheiten vollzog. Die im Mittelalter als konsonant empfundene Quarte wurde zunehmend als dissonant empfunden. Dafür wurden die große und kleine Terz, die im Mittelalter als dissonant galten, nun zunehmend als konsonant empfunden. Die erste Beschreibung dieser Stimmung stammt aus dem Jahr 1523. Diese Stimmung enthält acht (annähernd) reine große Terzen und neun annähernd reine kleine Terzen. Alle anderen Intervalle (außer der Oktave) sind unrein. Um acht exakt reine große Terzen zu erhalten, werden elf Quinten, die aufsteigenden Quinten c → g, g → d, d → a, a → e, e → h, h → f♯, f♯ → c♯ und c♯ → g♯ sowie die absteigenden Quinten c → f, f → b und b → e♭, nicht rein (Verhältnis 3:2), sondern jeweils um ¼ syntonisches Komma kleiner gestimmt. Damit stehen diese Quinten im Verhältnis von (3/2):(81/80)(1/4) ≈ 1,4953:1, was d ≈ 697 Cent entspricht, zueinander. Die zwölfte Quinte zwischen g♯ und eb ist extrem unrein und wird als "mitteltönige Wolfsquinte" bezeichnet. Wird der Ton a♭ gewünscht, so muss auf das g♯ verzichtet werden. Die Quinte e♭ → a♭ wird dann wie oben beschrieben bestimmt, und die Wolfsquinte liegt dann zwischen c♯ und a♭. Ebenfalls sehr unrein sind die großen Terzen bei Stimmung mit g♯, die zwischen h und e♭, f♯ und b, c♯ und f und g♯ und c liegen. Hieran zeigt sich sehr deutlich, dass in dieser Stimmung keine enharmonische Verwechslung der Halbtöne möglich ist. In den meisten Stücken jener Zeit wurden die Wolfsquinte und die vier unreinen großen Terzen vermieden. In einigen Fällen wurden diese Intervalle jedoch gezielt für den musikalischen Ausdruck eingesetzt. Ähnlich wie bei der reinen Stimmung klingen auf einem Instrument, das auf eine Tonart terzenrein gestimmt ist, alle Tonarten mit anderer Vorzeichenzahl unrein. Dies wird um so extremer, je größer die Differenz an Vorzeichen zwischen Stimmtonart und gespielter Tonart ist. Die Musik der Renaissance und des Frühbarock wurde größten Teils für diese Stimmung komponiert. Unter den Begriff "mitteltönige Stimmung" fallen einige weitere Stimmungen, die auf dem oben beschriebenen Prinzip beruhen, jedoch die elf Quinten um einen anderen Bruchteil des syntonischen Kommas verkleinern.

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3.1.5. ungleichschwebend temperierte Stimmungen

Die ungleichschwebend temperierten Stimmungen - Silbermann und Neidhardt sind zwei Beispiele dafür - haben das Ziel, anders als bei der terzenreinen Stimmung mehrere Tonarten ohne extrem unreine Intervalle spielen zu können. Dieses Ziel führte letztlich zur gleichschwebend temperierten Stimmung. Es gibt sehr viele ungleichschwebend temperierte Stimmungen, die aber nahezu nur bei Tasteninstrumenten (Orgel, Positiv, Portativ, Regal, Cembalo, Clavichord, in Ausnahmefällen Klavier) angewendet werden. Diese Stimmungen werden "nach Gehör" gestimmt. Eine Berechnung mittels einer Formel ist normalerweise nicht möglich. Die Musik des Hochbarock wurde größten Teils für ungleichschwebend temperierte Stimmungen komponiert.

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3.1.6. gleichschwebend temperierte Stimmung

Die gleichschwebend temperierte Stimmung, auch gleichstufige Stimmung genannt, wurde 1636 von Marin Mersenne errechnet und setzte sich im 19. Jahrhundert mehr und mehr durch. In ihr gibt es außer der Oktave kein reines Intervall. Die Unreinheiten sind jedoch so gleichmäßig auf die Intervalle verteilt, daß dies heutzutage meist nicht als störend empfunden wird. In dieser Stimmung können alle Töne enharmonisch verwechselt werden und es kann in allen Tonarten unabhängig von der Anzahl der Vorzeichen gespielt werden. Daraus entsteht allerdings der Nachteil, dass alle Tonarten gleich klingen, also keine individuelle Klangfarbe mehr besitzen, weil alle Intervalle auf dem gleichen Grundverhältnis aufbauen. Die Musik ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ist in den meisten Fällen für diese Stimmung geschrieben. Sie ist zwingend erforderlich für die Zwölftonmusik, die im 20. Jahrhundert aufkam. Auch Musik, in der häufig moduliert wird und dichte Akkordbildungen auftreten (z. B. Jazz, Spätromantik), klingt eigentlich nur in dieser Stimmung gut. Die Verwendung dieser Stimmung für ältere Musik (Antike, Mittelalter, Renaissance, Früh- und Hochbarock) ist hingegen oft problematisch, da die Musik aus diesen Epochen für andere Stimmungen komponiert wurde, wobei die Eigenheiten der jeweiligen Stimmung (z. B. unterschiedliche Klangfarben der verschiedenen Tonarten, Reinheit und Unreinheit bestimmter Intervalle) ausgenutzt wurden. Lediglich die quintenreine Stimmung kann durch die gleichschwebend temperierte Stimmung einigermaßen brauchbar ersetzt werden. Die gleichschwebend temperierte Stimmung kann mit einer Formel berechnet werden:

f_X/f_G=(2^(1/12))/1=1,059…/1 fX := Frequenz der kleinen Sekunde zum Grundton [Hz]
fG := Frequenz des Grundtons [Hz]

Bei dieser Stimmung beträgt der Abstand zwischen zwei benachbarten Tönen 100 Cent. Dieses irrationale Verhältnis ergibt sich durch geometrische Teilung der Oktave in 12 gleiche Teile. Exakt diese Stimmung ergibt sich aber auch, in dem jede reine Quinte um den zwölften Teil des pythagoreischen Kommas, also um d ≈ 2 Cent reduziert wird.
In der Praxis wird zunächst der Bezugston (heute meist a¹ = 440 Hz) gestimmt. Alle anderen Töne müssen "nach Gehör" gestimmt werden. Heutzutage stehen vor allem für diese Stimmung elektronische Stimmgeräte und Computer als Hilfmittel bereit. Mit professionellen Stimmgeräten oder entsprechender Computersoftware können mittlerweile aber auch alle anderen Stimmungen gestimmt bzw. kontrolliert werden.

Das "Terzphänomen" geht ebenfalls auf die gleichschwebend temperierte Stimmung zurück. In der "westlichen Welt" wird die gleichschwebend temperiert gestimmte große Terz mittlerweile als wohlklingend empfunden, obwohl diese zum Grundton in einem irrationalen Verhältnis steht. Das Verhältnis der gleichschwebend temperiert gestimmten großen Terz zum Grundton beträgt:
2(4/12):1 ≈ 1,2599:1 ⇒ d = 400 Cent
In Verbindung mit bestimmten Instrumenten wird aber nach wie vor auch in reiner Stimmung gespielt. Die Musik der Renaissance und des Frühbarock wird seit einigen Jahrzehnten im Rahmen der sogenannten historischen Aufführungspraxis wieder in terzenreiner Stimmung gespielt, für die diese Musik in der Regel komponiert wurde. Die rein bzw. terzenrein gestimmte große Terz wird auch als wohlklingend empfunden. Sie steht zum Grundton in dem rationalen Verhältnis:
5:4 =1,25:1 ⇒ d ≈ 386 Cent
Somit existieren zwei als wohlklingend empfundene große Terzen, die jedoch 14 Cent auseinander liegen. Wird auf einem rein gestimmten Instrument und einem gleichschwebend temperiert gestimmten Instrument die große Terz zum aufeinander gestimmten Grundton gepspielt, so wird der Abstand von 14 Cent zwischen den beiden Tönen als deutliche Verstimmung wahrgenommen, was normalerweise unerwünscht ist. Im Klangbeispiel erklingen nacheinander die gleichschwebend temperiert gestimmte große Terz und die rein gestimmte große Terz jeweils zusammen mit dem Grundton:
temperiert gestimmte vs. rein gestimmte große Terz

Dieses Phänomen tritt prinzipiell auch auf, wenn auf einem rein gestimmten Instrument und einem gleichschwebend temperiert gestimmten Instrument die Quinte zum aufeinander gestimmten Grundton gespielt wird. Da zwischen diesen beiden Tönen aber nur ein Abstand von 2 Cent besteht, wird dies normalerweise noch nicht als Verstimmung sondern als Schwebung wahrgenommen, was meist nicht stört.

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3.2. Stimmungen, bei denen die Oktave nicht in 12 Töne aufgeteilt wird

Diese Stimmungen sind in der "westlichen Welt" weniger bekannt, da sie von der "westlich" geprägten Musiktheorie lange ignoriert wurden, obwohl sie so alt sind wie die Musik selbst. Bereits aus dem antiken Griechenland ist ein derartiges, recht komplexes Stimmungssystem überliefert.

3.2.1. pentatonische Stimmungen

Bei den pentatonischen Stimmungen wird die Oktave in fünf Töne unterteilt. Das kleinste Intervall zwischen zwei benachbarten Tönen ist normalerweise eine große Sekunde. Pentatonische Stimmungen gibt es auf der ganzen Welt. Eine häufige Möglichkeit für eine pentatonische Stimmung basiert auf reinen Quinten. Dabei wird zunächst der Bezugton, meist c, gestimmt. Dann werden die Quinten c → g, g → d, d → a und a → e rein gestimmt und alle Oktaven zu diesen Tönen gestimmt. Die Töne dieser pentatonischen Stimmung sind somit eine Untermenge der quintenreinen Stimmung. Jeder Ton kann als Grundton für eine Tonleiter dienen. Durch die unterschiedlichen Intervalle zwischen den einzelnen Tönen erhält jede Tonart ihre eigene Klangfarbe. Eine andere Möglichkeit für eine pentatonische Stimmung ist "Slendro". Bei dieser Stimmung wird die Oktave in fünf Töne mit gleichem oder näherungsweise gleichem Intervallabstand geteilt. Gestimmt wird "nach Gehör", auf Berechnungsformeln wird verzichtet. Slendros werden vor allem auf Bali und Java benutzt. "Slendro" ist ein javanisches Wort. Aber auch in Westafrika gibt es Slendros.

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3.2.2. heptatonische Stimmungen

Bei den heptatonischen Stimmungen wird die Oktave in sieben Töne unterteilt. Eine verbreitete Möglichkeit für eine solche Stimmung ergibt sich aus der reinen Stimmung, wenn zum Bezugston c nur die aufsteigenden Dreiklänge c → e → g, g → h → d und der absteigende Dreiklang c → a → f eingestimmt werden. In vielen Kulturen finden sich aber auch heptatonische Stimmungen, bei denen die Oktave in sieben Töne mit gleichem oder näherungsweise gleichem Intervallabstand geteilt wird. Aus so einer, aus Schwarzafrika stammenden Stimmung entwickelte sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in den Südstaaten der USA die Bluestonleiter, bei der die Terz und die Septime neutral, also zwischen großem und kleinem Intervall liegend, gestimmt werden.

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3.2.3. indische Stimmung

Die indische Stimmung unterteilt die Oktave in 22 Töne, die sogenannten Shruti. Die Tonleitern sind immer nur eine Teilmenge aus diesen 22 Shruti. Insgesamt ist das indische Tonsystem sehr komplex und dessen Handhabung dem entsprechend schwierig. Gestimmt wird "nach Gehör".

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3.2.4. gleichschwebend temperierte Vierteltonstimmung

Vierteltonstimmungen, also Stimmungen, die die Oktave in 24 Töne unterteilen, sind in der arabischen Musik seit Langem üblich. Die gleichschwebend temperierte Vierteltonstimmung, auch gleichstufige Vierteltonstimmung genannt, wurde von Miha'il Misaqa (1800-1889) berechnet. Sie ist Basis für die Vierteltonmusik und wurde erstmals 1898 von John Herbert Fouls in einem Streichquartett angewendet. Bei dieser Stimmung wird die Oktave geometrisch in 24 Töne aufgeteilt. Die gleichschwebend temperierte Vierteltonstimmung kann mit einer Formel berechnet werden:

f_X/f_G=(2^(1/24))/1=1,029…/1 fX := Frequenz des ersten Vierteltons über dem Grundton [Hz]
fG := Frequenz des Grundtons [Hz]

Bei dieser Stimmung beträgt der Abstand zwischen zwei benachbarten Tönen 50 Cent. Praktisch wird diese Stimmung z. B. dadurch realisiert, dass zwei Klaviere gleichschwebend temperiert gestimmt werden, wobei der Bezugston des zweiten Klaviers um +50 Cent gegenüber dem Bezugston des ersten Klaviers verstimmt wird. Durch die gleichschwebend temperierte Stimmung der Klaviere sind dadurch alle Töne des zweiten Klaviers um +50 Cent gegenüber den jeweiligen Tönen des ersten Klaviers verstimmt. Dadurch sind alle 24 Töne der gleichschwebend temperierten Vierteltonstimmung verfügbar. Andere geeignete Instrumente für die Ausführung von Vierteltonmusik sind z. B. direkt gegriffene bundlose Saiteninstrumente und Blechblasinstrumente mit Zügen. Bei Blechblasinstrumenten mit Ventilen wird die Vierteltontauglichkeit durch den Anbau eines vierten Ventils (¼ Ton tiefer) zu den drei üblichen Ventilen (1 Ton tiefer, ½ Ton tiefer, 1½ Töne tiefer) erreicht. Bei Holzblasinstrumenten können die Vierteltöne durch Ziehen erreicht werden, was aber prinzipiell unpräzise ist. Mitunter können Vierteltöne auch durch ansonsten unübliche Griffe erzeugt werden.

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3.3. Stimmungen, bei denen nicht die Oktave aufgeteilt wird

Bei diesen Stimmungen dient nicht die Oktave mit dem Verhältnis 2:1 als Basis für die Aufteilung des Tonraums. Die Oktave mit dem Verhältnis 2:1 kommt in diesen Stimmungen als Intervall meist gar nicht vor. Solche Stimmungen finden sich traditionell in Schwarzafrika. Seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gibt es auch in der "westlichen Welt" Versuche mit solchen Stimmungen, die meist mit einer Formel berechnet werden. So verwendete Karlheiz Stockhausen in seiner "Studie II" 1954 eine Stimmung, bei der das Intervall gebildet aus zwei Oktaven und reiner großer Terz mit dem Verhältnis 5:1 geometrisch in 25 Teile aufgeteilt wird. Diese Stimmung kann mit einer Formel berechnet werden:

f_X/f_G=(5^(1/25))/1=1,066…/1 fX := Frequenz des ersten Tons über dem Grundton [Hz]
fG := Frequenz des Grundtons [Hz]

Zwischen zwei benachbarten Tönen beträgt der Abstand d ≈ 111 Cent bei dieser Stimmung.
Solche Stimmungen werden meist nur auf elektronischen Instrumenten verwendet. Die Stimmungen werden dabei als Formel oder Tabelle der berechneten Intervalle in das Instrument einprogrammiert.

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4. absolute Stimmung

Ging es im vorhergehenden Kapitel um die relative Stimmung, also die Verhältnisse zwischen den einzelnen Tönen innerhalb einer Oktave oder eines anderen Intervalls, so geht es hier nun um die absolute Stimmung, also die Festlegung eines Bezugstons mit einer bestimmten Frequenz. Erst dadurch ist es möglich, allen Tönen eines realen Instruments absolute Tonhöhen zuzuweisen (= es zu "stimmen"), welche sich aus der verwendeten relativen Stimmung ergeben.
Bei den relativen Stimmungen und auch bei den Partialtönen ist es üblich, den Ton c als Basis für die Darstellungen zu verwenden. Praktisch wird das jedoch nur in der Physik gemacht, wo mit dem Ton C = 64,00 Hz als Bezugston gestimmt wird.
In der musikalischen Praxis hat sich als Bezugston der Ton a¹ durchgesetzt, der auch als "Kammerton" bezeichnet wird. Eine erste internationale Normierung aus dem Jahr 1885 legte a¹ = 435 Hz fest, was noch bei einigen Handharmonikas, Mundharmonikas und Harmoniums aus dem 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu finden ist. Heut zu Tage ist a¹ = 440 Hz international üblich.
Renaissanceinstrumente sind gelegentlich auf den Bezugston a¹ = 415 Hz gestimmt. Bezogen auf gleichschwebend temperierte Stimmung mit a¹ = 440 Hz weicht dieser Ton um -1 Cent vom gleichschwebend temperierten g♯¹ = 415,3 Hz ab.
Einige schottische Sackpfeifen, insbesondere die Great Highland Bagpipe (GHB), sind auf den Bezugston a¹ = 459 Hz gestimmt. Bezogen auf gleichschwebend temperierte Stimmung mit a¹ = 440 Hz weicht dieser Ton um -27 Cent vom gleichschwebend temperierten b¹ = 466,2 Hz ab. In jüngerer Zeit wird der Bezugston a¹ für die GHB auch mit noch höheren Frequenzen verwendet.
Hier sind nur diejenigen Festlegungen für den Bezugston erwähnt, die für Sackpfeifer eine hohe Relevanz haben. Darüber hinaus gibt es noch zahllose andere Festlegungen für den Bezugston. Die meisten davon werden aber heute nicht mehr verwendet. Sie sind nur noch auf sehr alten Tasteninstrumenten (Orgel, Positiv, Portativ, Regal, Cembalo, Clavichord; 18. Jhd. und älter) oder im Zusammenhang mit "historischen" Aufführungspraktiken zu finden.

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5. Tonsysteme, bei denen die Oktave in 12 Töne aufgeteilt wird

In der "westlichen Welt" ist die Aufteilung der Oktave in 12 Töne üblich. Daraus ergibt sich die chromatische Tonleiter, die alle 12 Töne enthält. Diese Tonleiter ist nachfolgend dargestellt.

chromatische Tonleiter

Als Ganztöne werden alle oben abgebildeten Töne ohne Vorzeichen bezeichnet, als Halbtöne werden alle oben abgebildeten Töne mit Vorzeichen bezeichnet. Bilden zwei Töne das Intervall einer kleinen Sekunde, so wird von einem "Halbtonschritt" gesprochen, bilden zwei Töne das Intervall einer großen Sekunde, so wird von einem "Ganztonschritt" gesprochen. In welchem Frequenzverhältnis die beiden Töne tatsächlich zueinander stehen, hängt von der verwendeten relativen Stimmung ab. Diese Einschränkung gilt hier auch für alle anderen Intervallangaben. Bei gleichschwebend temperierter Stimmung können die oben abgebildeten, jeweils zwischen zwei Taktstrichen stehenden Halbtöne enharmonisch verwechselt werden. So ist cis = des usw.. Die Intervallbezeichnungen werden in der folgenden Tabelle angegeben. Alteration bedeutet die Erhöhung oder Verminderung des Intervalls um einen Halbton. Die Töne werden hier auf den Grundton c bezogen. Der Abstand zum Grundton wird hier in Ganz- und Halbtönen angegeben.

IntervallAbstandTonAlterationAbstandTon
Prim0cverminderte Prim
übermäßige Prim
–½
ces
cis
kleine Sekunde½desverminderte Sekunde0deses
große Sekunde1dübermäßige Sekundedis
kleine Terzesverminderte Terz1eses
große Terz2eübermäßige Terzeis
reine Quartefverminderte Quarte
übermäßige Quarte
2
3
fes
fis
Tritonus3fis || ges   
reine Quintegverminderte Quinte
übermäßige Quinte
3
4
ges
gis
kleine Sexte4asverminderte Sexteasas
große Sexteaübermäßige Sexte5ais
kleine Septime5bverminderte Septimebes
große Septimehübermäßige Septime6his
Oktave6cverminderte Oktave
übermäßig Oktave

ces
cis

Im Klangbeispiel erklingen nacheinander in gleichschwebend temperierter Stimmung die nicht alterierten Intervalle (in der Tabelle blau hinterlegt) jeweils zusammen mit dem Grundton: temperiert gestimmte, nicht alterierte Intervalle

Der Tritonus wird normalerweise nicht alteriert. Bei den alterierten Intervallen wird der Vorsatz "groß" oder "klein" weg gelassen, da für die großen und kleinen Intervalle jeweils nur eine Alteration möglich ist. Der Vorsatz "rein" entfällt ebenfalls, da auch hier die Bezeichnung ohne den Vorsatz eindeutig ist. Der Vorsatz "rein" wird hier allgemein gültig für die Quarte und die Quinte verwendet, auch wenn die "reine Quarte" nicht ein Frequenzverhältnis von exakt 4:3 bzw. die "reine Quinte" nicht ein Frequenzverhältnis von exakt 3:2 aufweist! Der Vorsatz "rein" wird aber auch bei Quarte und Quinte oft weg gelassen. Wird hier die "reine Septime" (streng genommen: reine kleine Septime) oder "Naturseptime" erwähnt, so ist das Intervall mit dem Frequenzverhältnis von exakt 7:4 gemeint. Auf einem Instrument ist in diesem Fall der harmonische Partialton mit der Ordnungszahl 7 zu spielen. Dies gilt entsprechend für alle anderen Intervalle mit Ausnahme von Quarte und Quinte.

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5.1. Das modale System

Das modale System oder System der Kirchentonarten geht auf antike Vorläufer zurück und ist in der "westlichen Welt" seit dem frühen Mittelalter in Gebrauch. Das Prinzip beruht darauf, dass nur die Ganztöne der chromatischen Tonleiter verwendet werden, wobei jeder dieser Töne als Grundton (finalis) benutzt werden kann. Dadurch verschieben sich die Lagen der Halbtonschritte in jedem Modus. Auf jedem Grundton werden ein authentischer Modus und ein plagaler Modus (abgeleiteter Modus) gebildet. Die authentischen Modi beginnen auf dem Grundton und enden auf der Oktave. Die plagalen Modi beginnen auf der Unterquarte zum Grundton und enden auf der Oberquinte zum Grundton. Die plagalen Modi erhalten den Vorsatz "hypo". Die Modi sind in der nachfolgenden Tabelle dargestellt. Zwischen den grün gefärbten Tönen liegen die Halbtonschritte, zwischen den schwarz gefärbten Tönen liegen die Ganztonschritte.

Modi: ionisch, dorisch, phrygisch, lydisch, mixolydisch, aeolisch, lokrisch, hypoionisch, hypodorisch, hypophrygisch, hypolydisch, hypomixolydisch, hypoaeolisch, hypolokrisch

Im Mittelalter wurden in der Musiktheorie nur die Modi 1.-8. verwendet, obwohl in der Praxis auch Stücke in den Modi 9.-12. existierten. "Offiziell" wurde die Erweiterung auf 12 Modi durch eine Veröffentlichung von H. Glarean im Jahre 1547. In früheren Zeiten wurden der lokrische und der hypolokrische Modus nicht verwendet, da die Quinte zum Grundton fehlt. Statt derer ist nur der damals als stark dissonant empfundene Tritonus vorhanden. In der heutigen Zeit werden der lokrische und der hypolokrische Modus gelegentlich verwendet. An statt vom "1. Modus" wird auch vom "1. Kirchenton" oder "1. Ton" gesprochen. Der ionische Modus entspricht in Grundton und Tonraum der Durtonleiter, der äolische Modus der reinen Molltonleiter. Die Handhabung unterscheidet sich aber von der Dur- bzw. reinen Molltonleiter. In der heutigen Zeit werden die Modi insbesondere in Verbindung mit der gleichschwebend temperierten Stimmung auch transponiert verwendet, da durch die Lage der Ganz- und Halbtonschritte der Charakter jedes Modus dabei erhalten bleibt. Ebenfalls verschwimmt die Abgrenzung zwischen authentischen und plagalen Modi. Daher wird der Vorsatz "hypo" bei moderner Musik oft nicht mehr verwendet.

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5.2. Das tonale System

Das tonale System oder Dur-Moll-System begann sich im 16. Jahrhundert in der "westlichen Welt" zu etablieren und löste vom 18. Jahrhundert bis hinein ins 20. Jahrhundert das modale System weitgehend ab. In der heutigen Zeit werden wieder beide Systeme und auch Mischformen verwendet. Aus dem 16. Jahrhundert sind eine ganze Reihe von Stücken erhalten, die sowohl Elemente des modalen als auch des tonalen Systems enthalten. Meist handelt es sich um Mischungen von (hypo)mixolydischem Modus und Dur oder (hypo)dorischem Modus und Moll, die jeweils auf dem gleichen Grundton stehen. Von vielen Stücken aus dieser Zeit sind auch ältere und neuere Versionen überliefert. Auch hier stehen die älteren Versionen meist im (hypo)mixolydischen oder (hypo)dorischen Modus, die neueren Versionen entsprechend in Dur oder Moll.
Dur- und Molltonleitern werden auf alle in der chromatischen Tonleiter enthaltenen Grundtöne transponiert, was in Verbindung mit der gleichschwebend temperierten Stimmung unproblematisch ist. Die Zahl der Vorzeichen beschränkt sich auf maximal 7, wobei meist maximal 6 Vorzeichen verwendet werden, da bei gleichschwebend temperierter Stimmung die Tonarten mit sieben Vorzeichen durch enharmonische Verwechslung durch Tonarten mit fünf Vorzeichen ersetzt werden können. Es entsprechen: Cis-Dur/ais-moll (7♯) ⇆ Des-Dur/b-moll (5♭) und Ces-Dur/as-moll (7♭) ⇆ H-Dur/gis-moll (5♯). Bei sechs Vorzeichen ist die Auswahl gleichwertig, es entsprechen: Fis-Dur/dis-moll (6♯) ⇆ Ges-Dur/es-moll (6♭). Ausgehend von C-Dur bzw. a-moll ergeben sich die Kreuz-Tonarten (Tonarten mit 1-7 ♯ als Vorzeichen), indem als Grundton für die nächste Kreuz-Tonart die Oberquinte zum Grundton der vorher gehenden Tonart beginnend bei C-Dur bzw. a-moll gewählt wird, wobei jeweils ein ♯ hinzukommen muss, um die Lage der Ganz- und Halbtonschritte in der Tonleiter zu erhalten. Ausgehend von C-Dur bzw. a-moll ergeben sich die B-Tonarten (Tonarten mit 1-7 ♭ als Vorzeichen), indem als Grundton für die nächste B-Tonart die Oberquarte (bzw. die Unterquinte) zum Grundton der vorher gehenden Tonart beginnend bei C-Dur bzw. a-moll gewählt wird, wobei jeweils ein ♭ hinzukommen muss, um die Lage der Ganz- und Halbtonschritte in der Tonleiter zu erhalten.
Die große Terz zum Grundton ist das wesentlichste Merkmal der Durtonleitern. Bei den Durtonleitern liegen die Halbtonschritte immer zwischen der großen Terz und der Quarte und zwischen der großen Septime und der Oktave. Nachfolgend sind die Durtonleitern dargestellt.

C-Dur, G-Dur, D-Dur, A-Dur, E-Dur, H-Dur, Fis-Dur, Cis-Dur C-Dur, F-Dur, B-Dur, Es-Dur, As-Dur, Des-Dur, Ges-Dur, Ces-Dur

Die kleine Terz zum Grundton ist das wesentlichste Merkmal der Molltonleitern. Bei den Molltonleitern liegt ein Halbtonschritt immer zwischen der großen Sekunde und der kleinen Terz. Von jeder Molltonart gibt es drei Varianten. Beim "natürlichen Moll" liegt der zweite Halbtonschritt zwischen Quinte und kleiner Sexte. Beim "harmonischen Moll" wird die kleine Septime durch die große Septime ersetzt. Dadurch liegt jeweils ein Halbtonschritt zwischen Quinte und kleiner Sexte und zwischen großer Septime und Oktave. Zwischen kleiner Sexte und großer Septime ergibt sich ein Schritt von 1½ Tönen, was einer übermäßigen Sekunde entspricht. Beim "melodischen Moll" werden die kleine Sexte durch die große Sexte und die kleine Septime durch die große Septime ersetzt. Dies geschiet vor allem bei aufsteigender Tonleiter. Bei absteigender Tonleiter werden die Ersetzungen oft zurück genommen, so dass die absteigende Tonleiter dem natürlichen Moll entspricht. Die drei Varianten der Molltonleitern sind nachfolgend für a-moll dargestellt. Zwischen den grün gefärbten Tönen liegen die Halbtonschritte, zwischen den schwarz gefärbten Tönen liegen die Ganztonschritte und zwischen den orange gefärbten Tönen liegt der Schritt von 1½ Tönen.

a-Moll: natürlich, harmonisch, melodisch

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5.3. Das Zwölftonsystem

Das Zwölftonsystem wurde ursprünglich für die im 20. Jahrhundert aufkommende Zwölftonmusik entwickelt. In diesem System werden alle 12 Töne der chromatischen Tonleiter mehr oder weniger gleichberechtigt verwendet. Bei völlig gleichberechtigter Verwendung aller 12 Töne gibt es in diesem System keinen Grundton mehr. Dadurch unterscheidet sich das Zwölftonsystem grundlegend vom modalen System und vom tonalen System. Das Zwölftonsystem wird üblicherweise in Verbindung mit der gleichschwebend temperierten Stimmung benutzt.

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6. Bordunmusik

6.1. Die Bedeutungen des Begriffs "Bordun"

Der Begriff "Bordun" hat mehrere Bedeutungen:

Bordun (1): Ein (meist tiefer) lang angehaltener oder immer wieder angespielter Ton, über dem die Melodie gespielt wird. Es können auch mehrere Bordune gleichzeitig erklingen. Der Bordun bleibt entweder während des gesamten Musikstücks unverändert oder wird in langen Zeitabständen gewechselt. Zur Unterscheidung vom Bordun (2) wird hier auch vom "Bordunton" gesprochen. Eine weitere Bezeichung für diesen Bordun ist "Orgelpunkt". Diese Bezeichnung stammt übrigens nicht von der Orgel ab, obwohl gerade in der Orgelmusik häufig Orgelpunkte vorkommen. Die Bezeichnung geht auf den Begriff "organicus punctus" zurück. Im mittelalterlichen Organum, einer frühen Form der abendländischen Mehrstimmigkeit, ist der organicus punctus ein lang angehaltener Ton in der Unterstimme, über den sich die Melodie in der Oberstimme (vox organalis) frei bewegt.

Bordun (2): Ein Tonerzeuger (z. B. Pfeife, Saite) eines Musikinstruments, dessen (meist tiefer) Ton während des gesamten Musikstücks mit klingt und der normalerweise in einem Musikstück nicht umgestimmt wird. Gelegentlich wird so ein Bordun auch als Brummer bezeichnet. engl.: Drone, frz.: Bourdon.

Bordun (3): Ein eng mensuriertes gedecktes Labialregister in der Orgel, meist zu 16′ oder 8′. frz.: Bourdon.

Bordun (4): Ein tiefer Saitenchor der Laute.

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6.2. Borduninstrumente

Prinzipiell kann jedes Musikinstrument als Borduninstrument eingesetzt werden. Auf Streich- und Blasinstrumenten werden lang angehaltene Töne gespielt oder die Borduntöne werden immer wieder angespielt, wodurch gleichzeitig ein Rhythmus erzeugt werden kann. Lang angehaltene Töne auf Blasinstrumenten, die nicht über einen Luftzwischenspeicher (z. B. Balg) für einen kontinuierlichen Luftstrom verfügen, werden häufig durch Einsatz der Zirkularatmung realisiert. Typische Vertreter dieser Instrumentengruppe sind die aus dem Orient stammenden Instrumente Zurna und Duduk. Hier führt ein Instrument die Melodie und jedes weitere Instrument hält einen Bordunton. Bei der Zurna werden sowohl Melodie als auch Borduntöne nur von Zurnas gespielt. Bei dem Duduk kann die Melodie auch von einem anderen Instrument gespielt werden. Die Duduks, die die Borduntöne halten, werden oft "duduk dam" genannt. Der wohl bekannteste Vertreter dieser Instrumentengruppe ist sicherlich das aus Australien stammende Didgeridoo, das praktisch immer mit Zirkularatmung gespielt wird. Auf diesem Instrument wird abgesehen von gelegentlichem Überblasen nur ein Ton gespielt, dessen Partialtongehalt aber vom Spieler verändert werden kann. Außerdem kann der Spieler dem Ton Zusatzgeräusche mit geben und somit das Spiel rhythmisch akzentuieren. Wird eine Melodie über dem Bordunton gewünscht, müssen andere Instrumente dafür eingesetzt werden.

In der "westlichen Welt" wird bei Borduninstrumenten jedoch vornehmlich an Sackpfeife und Drehleier gedacht, die mit Ausnahme einiger orientalischer Sackpfeifen immer mit mindestens einem Bordun ausgestattet sind. Beide Instrumente erlauben Dauertonmusik. Während bei der Sackpfeife die Borduntöne normalerweise nicht rhythmisch akzentuiert werden können, ist dies bei der Drehleier durch eine drehzahlvariable Bedienung des Reibrades möglich und auch weit verbreitet. Der Effekt kann bei den meisten Drehleiern durch Zuschalten einer speziellen Schnarrsaite (Schnarre) verstärkt werden. Ein der Drehleier verwandtes Instrument ist die vor allem in Skandinavien verbreitete Schlüsselfidel (Nyckelharpa), bei der die Saiten mit einem Bogen an Stelle eines Reibrades angestrichen werden. Als erster Vorläufer der Sackpfeifen kann das mit Zirkularatmung gespielte Arghoul angesehen werden. Bezüglich der Bordune sind nach dem Prinzip der Sackpfeife teilweise auch Portative mit Bordunpfeifen ausgestattet, die einzeln zugeschaltet werden können. In einigen Renaissanceorgeln findet sich ebenfalls eine "Sackpfeife". Hierbei handelt es sich um einige Bordunpfeifen, meist kurzbechrige Lingualpfeifen (Regalpfeifen), die einzeln zugeschaltet werden können.

Auf Saiteninstrumenten, ausgenommen Streichinstrumente, können systembedingt keine lang angehaltenen Töne gespielt werden. Deshalb muss auf diesen Instrumenten der Bordunton immer wieder angespielt werden. Dies kann periodisch oder rhythmisch akzentuiert erfolgen. Ein typischer Vertreter dieser Instrumentengruppe ist die vor allem auf dem indischen Subkontinent verbreitete Tambura. Die Saiten dieser Langhalslaute werden nicht gegriffen, sondern ungegriffen angespielt. Wird eine Melodie über den Borduntönen gewünscht, müssen andere Instrumente dafür eingesetzt werden. Die Borduntöne der Tambura werden jeweils für ein Musikstück auf bestimmte Melodietöne dieses Stücks gestimmt, wobei scharfe Dissonanzen zwischen den einzelnen Saiten der Tambura normalerweise vermieden werden.

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6.3. Gebrauch des Borduns

Hier geht es um den Gebrauch der Bordune (2) bei Sackpfeifen. Sinngemäß gilt dies auch für den Gebrauch von Bordunen bei anderen Instrumenten oder dem Einsatz beliebiger Instrumente als Borduninstrumente mit Ausnahme der Tambura. Bordunmusik basiert meist auf dem modalen oder tonalen System. Als Stimmungen kommen meist die reine oder die quintereine Stimmung zum Einsatz. Ist nur ein Bordun vorhanden oder soll nur ein Bordun benutzt werden, so wird dieser auf den Grundton oder die reine Quinte zum Grundton der Melodie gestimmt. Dies gilt entsprechend, wenn weitere Bordune im Oktavabstand zum ersten Bordun vorhanden sind. Der Gebrauch nur eines Borduns ergibt nur wenig Reibungspunkte mit der Melodie, was besonders bei stark chromatischen Melodien vorteilhaft ist. Sind zwei Bordune, die nicht im Oktavabstand zueinander stehen, vorhanden, gibt es mehrere Möglichkeiten:

1. Die Bordune werden auf den Grundton und die reine Quinte zum Grundton der Melodie gestimmt. Dadurch entsteht ein zusätzlicher Differenzton, der eine Oktave unter dem Ton des auf den Grundton gestimmten Borduns liegt. Dies ergibt einen vollen Bordunklang.

2. Die Bordune werden auf die reine Unterquarte (= reine Quinte, eine Oktave tiefer) zum Grundton der Melodie und den Grundton der Melodie gestimmt. Dadurch entsteht ein zusätzlicher, wenn auch schwächer ausgeprägter, Differenzton, der zwei Oktaven unter dem Ton des auf den Grundton gestimmten Borduns liegt. Dies ergibt einen sehr vollen Bordunklang. Nicht jedes Stück verträgt allerdings einen der Art vollen Bordunklang.

3. Die Bordune werden auf die reine Quinte und die reine große None zum Grundton der Melodie gestimmt. Dadurch entsteht ein zusätzlicher Differenzton, der eine Oktave unter dem Ton des auf die reine Quinte gestimmten Borduns liegt. Dies ergibt ebenfalls einen sehr vollen Bordunklang. Dieser Bordunklang hat eine sehr spezielle Klangfarbe, die nicht jedes Stück verträgt.

An einem praktischen Beispiel sollen diese drei Möglichkeiten erläutert werden. Gegeben sei eine Sackpfeife, deren Spielpfeife den Tonumfang c¹ d¹ — d² hat. Der tiefere Bordun klingt auf dem Ton d⁰, der höhere Bordun kann auf die Töne g⁰ oder a⁰ gestimmt werden. Die 1. Möglichkeit wird realisiert, in dem die Bordune auf den Tönen d⁰+a⁰ klingen und die Melodie auf dem Grundton d basiert. Auf Grund des Tonumfangs der Spielpfeife kann nur ein authentischer Modus auf dem Grundton d gespielt werden. Die 2. Möglichkeit wird realisiert, in dem die Bordune auf den Tönen d⁰+g⁰ klingen und die Melodie auf dem Grundton g basiert. Auf Grund des Tonumfangs der Spielpfeife kann nur ein plagaler Modus auf dem Grundton g gespielt werden. Die 3. Möglichkeit wird realisiert, in dem die Bordune auf den Tönen d⁰+a⁰ klingen und die Melodie auf dem Grundton g basiert. Auf Grund des Tonumfangs der Spielpfeife kann nur ein plagaler Modus auf dem Grundton g gespielt werden.

Andere Borduntöne zum Grundton der Melodie bleiben weitgehend der modernen Musik vorbehalten. Es gibt eine Ausnahme. Auf der Great Highland Bagpipe erlaubt nicht jede Spielpfeifen-Rohrblatt-Kombination chromatisches Spiel. Die Bordune klingen auf den Tönen A+a⁰+a⁰ und können nicht umgestimmt werden. Neben Stücken in a-mixolydisch und d-Dur werden auf diesem Instrument einige Stücke in h-Moll bzw. h-äolisch gespielt, wobei die Bordune dann auf der kleinen Septime zum Grundton klingen. Dieser Klang ist gewöhnungsbedürftig. Die Terz (reine kleine Terz, reine große Terz) als Bordunton wird gelegentlich auch für ältere Musik verwendet. Viele Stücke vertragen dies aber nicht! Sind mehr als zwei Bordune vorhanden, werden diese im Einklang oder im Oktavabstand zu den ersten beiden Bordunen gestimmt. Sind mehr als zwei Bordune vorhanden, werden in einem Stück oft nicht alle vorhandenen Bordune verwendet. Bei einigen Arten moderner Musik (atonale Musik, speziell Zwölftonmusik) wird kein Grundton gewünscht. Hier erfüllen die Bordune eine andere Funktion. Sie gehören dann zum charakteristischen Klangbild des Instruments und werden gleichrangig mit anderen Charakteristika der Instrumente wie Partialtongehalt oder spezielle, instrumentenbedingt auftretende Zusatzgeräusche behandelt. Gelegentlich wird diese Art der Bordunbehandlung auch bei älterer Musik angewendet. Ein stark hervortretender Bordunklang, der einen Grundton implizieren würde, muss dabei nötigenfalls durch Abschalten einzelner Bordune vermieden werden.

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letzte Aktualisierung: 12.10.2011